Einsatz im Vorhof der Hölle

Zu einem der anspruchsvollsten und aufwändigsten Einsätze in seiner Geschichte wurde unser Ortsverband am Donnerstag morgen kurz nach 07:00h gerufen.

Bild : THW

Am Vortag war es bei einer Lackier- und Beschichtungsfirma in Michelau (Landkreis Lichtenfels) zu einem Brand im Rohmateriallager gekommen. Vermutlich durch einen Defekt an einem Entlackungsofen erwachte der rote Hahn und fand in dem angrenzenden Lager voller Farben, Beschichtungsmittel und Chemikalien reichlich Nahrung, so dass er sein zerstörerisches Werk rasch vollbringen konnte. Trotz eines Großaufgebotes von etwa 400 Einsatzkräften entstand ein Schaden von mehreren Millionen Euro und auch das Gebäude wurde stark in Mitleidenschaft gezogen. Da in der Halle neben diversen Säuren und Laugen auch hochgiftige Chromverbindungen austraten, entschloss sich die Kreisverwaltungsbehörde noch während der laufenden Löscharbeiten, den Katastrophenfall für den Landkreis Lichtenfels auszurufen. Das erste mal wieder seit 34 Jahren...

Als gegen Abend das Feuer dann gelöscht war, wurde erst das ganze Ausmaß der Schäden sichtbar. Tanks und Fässer mit diversen Chemikalien waren geborsten und hatten ihren ätzenden Inhalt in die Halle ergossen, andere Behälter waren durch die Hitze verformt oder aufgebläht, die Etiketten waren in Rauch und Flammen aufgegangen und nicht mehr zu lesen. Die Hochregale mit den Farben und Beschichtungsrohstoffen waren in der Hitze weich wie Knetgummi geworden und unter ihrem Eigengewicht zusammengesunken. Überall im Gebäude lagen Berge von verkohlten, nicht mehr zu identifizierenden Stoffen und Materialien in mitten von Seen aus Chemikalienbrühe und vergiftetem Löschwasser.

Da auch die Stahlträger der Dachkonstruktion durch die Hitzeeinwirkung stark verformt waren, bestand Einsturzgefahr für das Gebäude. Dies bedeutete nicht nur Lebensgefahr für die arbeitenden Einsatzkräfte und Ermittler, sondern auch die große Gefahr, dass bei einem eventuellen Einsturz auch die noch intakten Chemikalienbehälter beschädigt werden könnten.

Um schlimmeres zu verhindern, begannen noch in der Nacht mehrere Ortsverbände des Geschäftsführerbereiches Bamberg, mit dem Einsatzgerüstsystem (EGS) eine Abstützung für das beschädigte Hallendach zu bauen. Hierzu war eine Gerüst-Doppelreihe von etwa 30 Metern Länge und einer Höhe von ca. 6 Metern nötig. Unter normalen Umständen eine leichte Übung für erfahrende THW-Helfer – nicht jedoch in der ausgebrannten Hallenruine.

Wegen der zahlreichen Gefahrstoffe konnten die Helfer nicht mit den üblichen Einsatzanzügen arbeiten, sondern benötigten spezielle Schutzanzüge. Neben staub- und flüssigkeitsdichten Overalls mussten die Helfer Gummistiefel, dicke Gummihandschuhe und Atemschutzmasken mit entsprechenden Filtern tragen, um sich vor den ätzenden Flüssigkeiten und giftigen Stäuben in der Halle zu schützen. Diese Ausrüstung machte nicht nur eine Verständigung mit Worten fast unmöglich, sondern verstärkte natürlich auch die körperliche Belastung der Helfer beim Bau des Gerüstes gewaltig; jeweils nach 1 bis 2 Stunden mussten die Teams in der Halle wieder abgelöst werden. Bevor die Helfer die Schutzausrüstung jedoch ablegen konnten, mussten sie eine Dekontaminationsschleuse passieren, wo die Anzüge soweit gereinigt wurden, dass sie gefahrlos abgelegt werden konnten und keine Giftstoffe in den Außenbereich verschleppt wurden.

Nachdem die Teams aus dem GFB Bamberg die ganze Nacht durchgearbeitet hatten, wurden am Donnerstag morgen dann die Ortsverbände Kronach und Kulmbach zur Ablösung alarmiert. Unter der Leitung von Zugführer Oliver Ramm rückten von unserem Ortsverband die beiden Bergungsgruppen und der Zugtrupp, verstärkt durch Helfer aus den Fachgruppen Wasserschaden / Pumpen sowie Ortung nach Michelau aus, um den Weiterbau des Stützgerüstes zu übernehmen. Ebenfalls rückte unser Baufachberater Georg Beetz mit an, um die Einsatzleitung und die eingesetzten Helfer in Fragen der Gebäude-Standsicherheit zu beraten und zu unterstützen.

Noch während die Kronacher Kräfte weiter an der Abstützung bauten, trafen auch bereits die angeforderten TUIS-Einheiten (Transport-Unfall-Informations-und-Hilfeleistungssystem der chemischen Industrie) aus Frankfurt am Main ein. Diese rückten mit 4 eindrucksvollen Spezialfahrzeugen an der Brandstelle an und begannen im hinteren Teil der Halle sogleich damit, die Säuren und Laugen aus den noch vorhandenen Fässern und Tanks in sichere Behälter umzupumpen und aus der Brandruine zu schaffen.

Am späten Nachmittag war schließlich die Halle auf der gesamten Länge fachgerecht abgestützt, so dass die Kräfte nun überall gefahrlos arbeiten und die Chemikalien bergen konnten.

Am Freitag Vormittag konnte der Katastrophenalarm dann aufgehoben werden und die endgültige Reinigung bzw. Entgiftung der Brandruine wird eine Fach-Entsorgungsfirma vornehmen.

Bericht - Hajo Badura

Weitere Fotos:

THW - Bad Staffelstein

THW - Forchheim

THW - Kulmbach


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