In Kronach schien die Sonne vom blauen Himmel und keine 20 km weiter sollten ganze Straßenzüge unter Wasser stehen? Das war schwer vorstellbar.
Doch noch auf der Anfahrt wendete sich das Blatt und ein erster Blick in den Haßlach-Fluß, der um diese Jahreszeit üblicherweise nur knietief dahinfliest, ließ böses ahnen. Statt einem gemütlich dahin plätscherndem Flüsschen schoss eine hohe, schmutzig-braune Flut neben der Straße talwärts. Das war kein gutes Vorzeichen.
Beim Eintreffen in dem 100-Seelen Dörfchen Eila (einem Ortsteil der Gemeinde Pressig im Kreis Kronach) bot sich den Helfern ein Bild der Verwüstung, welches sofort die Erinnerungen an den Einsatz beim Donauhochwasser in Deggendorf und Niederalteich vor 3 Jahren weckte.
In den frühen Morgenstunden waren über Eila und den Nachbardörfern sintflutartige Regenfälle mit schätzungsweise 80 ltr / qm niedergegangen und weder der Boden noch die Bäche und Gräben konnten die Wassermassen auch nur annähernd aufnehmen. So schoss das Regenwasser über Wiesen und Felder zu Tal und suchte sich aus mehreren Richtungen seinen Weg nach Eila hinein, in die Häuser und Gehöfte – und am unteren Ende wieder hinaus.
Mit einer LKW-Ladung voller Sandsäcke begannen die THW-Helfer gemeinsam mit den Feuerwehren der Großgemeinde Pressig unverzüglich, die betroffenen Gebäude zu sichern und vor eindringendem Wasser zu schützen und bereits vollgelaufene Keller auszupumpen und abzusaugen. In mehreren Häusern mit tief liegenden Garageneinfahrten stand das Wasser rund 1 Meter hoch in den Kellern. Somit gab es viel Arbeit für die Einsatzkräfte und mit zahlreichen Tauchpumpen und einem Wassersauger galt es „Schadensbegrenzung wo möglich“ zu betreiben.
Während die Gebäude mit den vorhandenen Pumpen ohne Probleme zu sichern waren, stellte der Dorfteich jedoch eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar, die es schnellstens zu bannen galt. Der Teich war bis zum Rand voll und lief bereits über – für das weiter aus allen Richtungen nachströmende Wasser gab es keinen Platz mehr. Dazu kam noch ein am Ortsrand etwas erhöht gelegener Fischteich, der ebenfalls bereits überlief und überdies noch zu brechen drohte
Daher entschied sich der Einsatzleiter des THW Kronach die Fachgruppe Wasserschaden & Pumpen aus Naila sowie die Räumgruppe des OV Kulmbach mit zu alarmieren. Der OV Kronach verfügt zwar auch über eine WP-Gruppe, hat jedoch (noch) keine Großpumpe, sondern nur Tauchpumpen, die für diese Aufgaben nicht leistungsstark genug waren.
Die Kameraden aus Naila und Kulmbach waren nach der Alarmierung sehr schnell an der Einsatzstelle und unterstützen die Kronacher Kameraden mit ihrem schwerem Gerät. Mit der Hanibal-Pumpe konnten die beiden Teiche rasch auf ein unkritisches Niveau abgesenkt werden, während der Radlader mehrere Gräben von Treibgut reinigte und so für besseren Abfluss der Wassermassen sorgte.
Der Mehrzweckkraftwagen (MZKW) des OV Kronach sowie der Kipper aus Kulmbach schafften pausenlos neue Sandsäcke heran um die munter fließenden Wassermassen in geordnete Bahnen zu lenken. Als der Vorrat an gefüllten Sandsäcken im Lager des OV Kronach zur Neige ging, ließen wir über die ILS Coburg die Feuerwehren aus Kronach, Höfles, Fischbach, Vogtendorf und Wötzelsdorf nachalarmieren. Diese füllten im OV mehrere tausend neue Sandsäcke – da alle Helfer des OV Kronach in Eila im Einsatz waren und keine Möglichkeit hatten, selbst für Nachschub zu sorgen.
Im Ortsbereich waren durch die Fluten auch größere Schäden an der Infrastruktur entstanden. So wurden nicht nur Straßengräben ausgespült und Straßen unterspült sondern teilweise auch Gehwege weggerissen und tief im Boden verlegte Telefonkabel freigespült. Um die gröbsten Schäden zu beheben, lies die Gemeinde noch am Samstag nachmittag von einem Hartsteinwerk rund 75 Tonnen Schotter anfahren und begann mit dem Auffüllen und verschließen der Löcher.
Gegen 19:00h war die Ortschaft soweit „trockengelegt“ und die beiden Teiche auf ein unkritisches Niveau abgesenkt, so dass die Helfer aus den drei Ortsverbänden die Gerätschaften zurückbauen und abrücken konnten.
Am folgenden Sonntag blieb die Lage zunächst entspannt, doch gegen 18:00h schrillten abermals die Funkmelder und wieder hieß es „Land unter in Eila“ – oder man hätte auch sagen können „Täglich grüßt das Murmeltier“ denn von den Pumparbeiten des Vortages war nichts mehr zu sehen. Obwohl es fast nicht mehr geregnet hatte, war im Laufe des Sonntags von den Berghängen soviel Wasser nachgelaufen, dass beide Teiche wieder am überlaufen waren. Also alarmierten wir aufs neuen die Kameraden des Nachbar-OV Naila mit der Hanibal-Pumpe und versuchten erneut, die Pegelstände zu senken.
Während sich die Nailer Helfer den Fischteich vornahmen, ging der OV Kronach am Dorfteich zu Werke und senkte mit mehreren Chiemseepumpen und einer WILO-Pumpe den Wasserstand zum wiederholten Male ab. Diesmal dauerten die Pumparbeiten bis in die Nacht hinein und die Helfer konnten erst am Montag früh gegen 03:00h in die Unterkunft zurückkehren.
Im Laufe des Sonntag abend ging dann auch noch eine Anforderung von der Deutschen Bahn AG ein: Am Bahnhof Pressig stand die Fußgängerunterführung zu den Bahnsteigen knietief unter Wasser und war nicht mehr passierbar. Somit mussten wir einen Teil unserer Kräfte in Eila herauslösen und nach Pressig beordern, um die Bahnunterführung wieder passierbar zu machen.
Im Rückblick auf den Einsatz fiel nicht nur die sehr gute und harmonische Zusammenarbeit zwischen den drei beteiligten Ortsverbänden und den zahlreichen eingesetzten Feuerwehren angenehm auf – sondern auch die Resonanz der betroffenen Bevölkerung. Mehrere Familien aus Eila, die selbst von dem Hochwasser geschädigt waren, ließen es sich nicht nehmen, mal den Eimer und die Schaufel zur Seite zu stellen und sich bei unseren Helfern mit Kaffee und einer Brotzeit für den Einsatz zu bedanken.
Neben der Hanibal-Großpumpe waren noch 6 Tauchpumpen verschiedener Bauart im Einsatz und im ganzen verlegten wir ca. 1.500 mtr A-Schläuche und F-Schläuche. An Sandsäcken wurden ca. 3.000 Stück verbaut und am Samstag sowie am Sonntag waren jeweils über 60 THW-Helfer im Einsatz.